Strukturierte Marktbearbeitung im Landmaschinenhandel

Interview mit Martin Schüürmann (Geschäftsleitung der E. Engbers Söhne GmbH in Uelsen)

„Herr Schüürmann, Sie sind 2016 dem Unternehmen in der Geschäftsleitung und als Verkaufsleiter beigetreten. Wie wurde zu dem Zeitpunkt vertriebliche Marktbearbeitung im Unternehmen betrieben?“

„Bevor ich das Unternehmen eingetreten bin, war ich viele Jahre in der Finanzdienstleistungsbrache aktiv. Vor dem Hintergrund musste ich mich persönlich erst einmal in die Branche und deren Abläufe einarbeiten und habe mich deshalb zunächst mit klugen Ratschlägen zurückgehalten. Was mir zu dem Zeitpunkt allerdings schon aufgefallen war, ist die Tatsache, dass wir bereits eine ausgeprägte Kundenorientierung und -bindung hatten. Das war natürlich eine hervorragende Ausgangsposition für weitere Aktivitäten. Umgekehrt haben wir aber auch gesehen, dass es noch Luft nach oben gab, insbesondere was die Gewinnung neuer Kunden anbetraf.“

„Welche Punkte haben Sie nach Ihrer „Lehrzeit“ konkret in Angriff genommen?“

„Was uns damals sehr in die Karten gespielt hat, ist die Tatsache, dass unser Hauptlieferant CASE IH das ganzheitliche Händlerberatungsprojekt „Road2Growth“ aufgesetzt hatte. Mit diesem Projekt sind wir 2018 gestartet und haben im Rahmen dessen unsere innerbetrieblichen Abläufe gemeinsam mit einem externen Berater analysiert. Darauf aufbauend wurden dann entsprechende Optimierungsmaßnahmen abgeleitet.“

„Ich gehe mal davon aus, dass dabei auch der Vertrieb genauer unter die Lupe genommen wurde, richtig?“

„Das stimmt. Interessanterweise lagen wir mit unserer eigenen Einschätzung bzgl. der starken Kundenbindung und -orientierung richtig. Ebenso mit der Einschätzung bezüglich einer noch konsequenteren Marktbearbeitung. Selbstverständlich kamen in dem Zusammenhang noch weitere Themen auf den Tisch, z.B. das Erfordernis für ein deutlich gezielteres und strukturierteres Kontaktmanagement bis hin zum konsequenteren Führen mit Vertriebskennzahlen. Man muss in dem Zusammenhang erwähnen, dass unsere Vertriebsmannschaft zu dem Zeitpunkt bereits auf 6 Verkäufer angewachsen war.

„Welche Themen haben Sie dann konkret in Angriff genommen?“

„Eine der wichtigsten Maßnahmen war die Einführung und konsequente Nutzung des Vertriebsinformations-Tools innerhalb unseres Warenwirtschaftssystem. Wie Sie sich vorstellen können, rief dies keine große Begeisterung in der Mannschaft hervor. Wir haben uns dann im ersten Schritt auf wesentliche Aktivitäten fokussiert, die es hier zu dokumentieren gilt. So reicht z.B. ein kurzes Statement zu einem Kundenbesuch aus und es müssen keine Aufsätze geschrieben werden. Was definitiv ein Erfolgsfaktor bei der erfolgreichen Umsetzung gewesen ist, war die Tatsache, dass wir ab diesem Zeitpunkt eine Übersicht zur kompletten Kunden- und Interessentenhistorie bekommen haben. Interessanterweise stehen wir jetzt sogar an dem Punkt, dass einige Verkäufer „aufschreien“, wenn wir mal einen kurzen Ausfall des Systems haben. In dem Zuge haben wir auch unser Angebots- und Auftragswesen weiter digitalisiert – in der Vergangenheit wurde dies häufig noch manuell abgewickelt.“

„Waren diese Maßnahmen Grundlage für weitere Aktivitäten, die Sie initiiert haben?“

„Auf alle Fälle – durch die tiefere Durchdringung unseres Kunden- und Interessentenstamms haben wir auch angefangen, konkrete Jahreszielvereinbarungen mit den Verkäufern zu schließen – und das im Rahmen einer partnerschaftlichen Diskussion. Neben klassischen Zielen wie Stückzahlen, Auftragseingängen und DB-Vorgaben, haben wir auch zusätzliche Punkte mit aufgenommen, die auf eine strukturierte Marktbearbeitung einzahlen. Das sind z.B. die Festlegung einer Besuchs- und Neukundengewinnungsquote. Darauf aufbauend haben wir dann auch ein entsprechendes Kennzahlen-Set zur Steuerung des gesamten Vertriebs aufgesetzt. Darüber hinaus war die Etablierung einer kontinuierlichen Verkäuferbesprechung inklusive Agenda und Protokoll für uns eine der Herausforderungen.“

„Und haben diese Maßnahmen sich bereits ausgezahlt bzw. positiv bemerkbar gemacht?“

„Selbstverständlich kann man nicht erwarten, dass sich solche Maßnahmen sofort bemerkbar machen. Wir sprechen hier von neuen Abläufen, die erst einmal verstanden und auch gelernt werden müssen. Da nehme ich mich selbst gar nicht aus. Was man aber – Stand heute – konstatieren kann, ist, dass unser Vertriebsgeschäft seit 2018 kontinuierlich gewachsen ist. Bestätigt wurden wir hier u.a. durch eine gezielte Vertriebsaktion mit unseren eigenen Kundendaten sowie zugekauften Interessentendaten. Es hat sich gezeigt, dass wir in unserem Marktverantwortungsgebiet fast keine blinden Flecken mehr haben.“

„Und nach vorne geschaut – welche Themen möchten Sie noch angehen, um Ihre Marktbearbeitung weiter zu professionalisieren?“  

„Wo wir definitiv noch besser werden können, und aus meiner Sicht auch müssen, ist das Thema „Datenqualität und -management“. Hier haben wir schon deutliche Schritte nach vorne gemacht, aber Luft nach oben gibt es u.a. beim Einholen von Kontaktdaten. Aber auch beim Erfragen und Erfassen von wichtigen Rahmendaten potenzieller Neukunden. In dem Zuge haben wir auch bereits eine Kundenklassifizierung eingeführt, die wir sicherlich noch besser nutzen können, um z.B. Besuchsaktivitäten und -frequenzen besser planen zu können. Hier spielt auch ein noch konsequenteres Arbeiten mit Kontaktpunkten wie auslaufender Garantie- und Finanzierungsverträge eine Rolle. Diese Kontaktpunkte werden wir noch stärker und strukturierter nachverfolgen.“  

„Und wenn Sie noch etwas weiter in die Zukunft schauen: Was steht hier noch bei Ihnen auf dem Wunschzettel?“ 

„Hier gibt es zwei wesentliche Themen. Wir möchten uns mit der Einführung einer Tourenplanungs-Software beschäftigen, um unsere vertrieblichen Aktivitäten noch stärker zu strukturieren und zu systematisieren. Im Vordergrund steht dabei vor allem die Unterstützung der Vertriebsmannschaft. Ein weiterer wichtiger Punkt stellt die Etablierung einer neuen vertrieblichen Innendienststelle dar. Wir stellen fest, dass sich Kundenanforderungen verändert haben und sich nach wie vor verändert, was auch eine weitere Spezialisierung unserer Mannschaft nach sich ziehen muss. Bei der neuen Innendienststelle sollen Aktivitäten wie die generelle Interessentengewinnung, Unterstützung bei der Vorqualifizierung von Anfragen, die Verfügbarkeitsprüfung von Maschinen, das Datenmanagement und Controlling-Themen gebündelt werden.“

„Herr Schüürmann, das klingt so, als ob Sie noch nicht am Ende Ihres Weges zu einer strukturierten Marktbearbeitung angekommen sind?“

„Wie oben bereits beschrieben, fühlen wir uns derzeit sehr gut aufgestellt und unser starkes Verkaufsteam hat hier bereits viel erreicht und umgesetzt. Aber selbstverständlich gilt es, die Augen weiterhin offen zu halten und Veränderungen frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren.“

„Vielen Dank für das Interview.“