So steht es um die Kundenzufriedenheit in der Versicherungswelt
Zahlreich sind die Umfragen und Studien, die der Versicherungsbranche insgesamt ein miserables Image bescheinigen. Ein anderes Bild zeichnen aktuelle Daten der Unternehmensberatung MSR Consulting Group: So sei es den Versicherern gelungen, die Privatkundenzufriedenheit in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu steigern. Verantwortlich dafür seien insbesondere drei Erfolgsfaktoren.
Allen anderslautenden Umfragen zum Trotz: Den deutschen Versicherern ist es gelungen, die Zufriedenheit ihrer Privatkunden kontinuierlich zu steigern. Der Net-Promoter-Score (NPS) – die Kenngröße zur Messung der Weiterempfehlungsbereitschaft, die sich ergibt, indem man die Zahl der Kritiker mit derjenigen der Promotoren ins Verhältnis setzt – lag im Jahr 2013 mit minus zwölf Punkten noch im negativen Bereich. Im Jahr 2019 hat sich die Branche mit einem Wert von plus zehn Punkten klar im positiven Bereich etabliert. Das ist eines der Ergebnisse der KUBUS-Privatkunden-Studie, die die Kölner Unternehmensberatung MSR Consulting Group herausgegeben hat. Demnach und laut Zahlen aus der KUBUS Touchpoint Datenbank setzen sich die Versicherer mit dieser positiven Entwicklung auch deutlich von anderen Branchen innerhalb Finanzindustrie ab: Die Kundenzufriedenheit der gesetzlichen Krankenkassen hat sich im gleichen Zeitraum beispielsweise nicht verändert, die Reputation der Banken und Sparkassen ist laut MSR Consulting sogar rückläufig.
Den Versicherern sei es seit 2013 vor allem gelungen, ihre Schwächen aus Kundensicht kontinuierlich abzubauen. Der Anteil der Kritiker habe sich in diesem Zeitraum von 38% auf 22% nahezu halbiert. Gleichzeitig sei der Anteil der Promotoren um sechs Prozentpunkte angestiegen, so die KUBUS-Daten. Diese Steigerung wirkt umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass die Versicherungsbranche ihren Kunden im selben Zeitraum auf der preislichen Ebene einiges zugemutet hat: So seien für die Verbraucher substanziell spürbare Beitragsanpassungen nicht mehr länger ein PKV-Nischenphänomen, sondern auch in den Volumensparten der Kompositversicherer gängige Praxis. Außerdem beträfen Absenkung von Garantiezins und Überschussbeteiligungen in der Lebensversicherung den gesamten Kundenbestand und auch in der Kfz-Versicherung gehörten Preiskämpfe zwischen den Marktführern schon seit längerem der Vergangenheit an.
Dass es den Versicherern dennoch gelungen sei, in einem so großen Maß bei den Privatkunden zu punkten, führt die KUBUS-Studie auf drei verschiedene Erfolgsfaktoren – Treiber – zurück: Den Vertrieb, der sich zu einer Qualitätsbetreuung hin entwickelt habe, die Schadenregulierung, in deren Rahmen sich die Versicherer mehr und mehr als Problemlöser denn als bloßer Kostenerstatter hätten positionieren können und die Kommunikation, die sich von Mono- auf Multikanal umgestellt habe.
Treiber Nr. 1 Vertrieb: Qualitätsbetreuung ist gefragt
Konkreter gesprochen sind die Kunden laut MSR Consulting mit ihrem persönlichen Betreuer vor Ort in den Agenturen und Geschäftsstellen der Versicherer heute (Mittelwert: Note 2,21) zufriedener als noch 2013 (Mittelwert: Note 2,30). Während die Vermittler in der Vergangenheit aber insbesondere über die Betreuungsfrequenz und -initiative bei ihren Kunden hätten punkten können, machten heute Qualitätsstandards in der konkreten Beratungssituation sowie ein regelmäßiger Versicherungscheck den Unterschied aus. Wurde ein solcher Versicherungscheck noch vor sechs Jahren nur bei jedem fünften Kunden durchgeführt, findet er heute bei fast jedem dritten Kunden statt.
Treiber Nr. 2 Schadenregulierung: Vom Kostenerstatter zum Problemlöser
Auch in der Schadenregulierung konnte die Versicherungsbranche die Kundenzufriedenheit in den letzten Jahren auf ein neues Höchstniveau steigern (Mittelwert 2019 laut MSR Consulting: Note 1,85). In der Vergangenheit hätte hier vor allem die Kostenerstattung im Vordergrund gestanden. Diese sei mittlerweile nur noch eine Basisanforderung der Verbraucher. Die Differenzierung finde über Geschwindigkeit sowie klare und offene Kommunikation statt. Zudem sei in Sachen Prozesstransparenz besonders die Fokussierung auf die Lösung des Kundenproblems gefragt.
Im Branchendurchschnitt hat sich den KUBUS-Daten zufolge auch die Abwicklungsgeschwindigkeit verbessert: Der Anteil von Schadenfällen, die innerhalb einer Woche reguliert werden, konnte seit 2013 um ein Fünftel gesteigert werden. Auch bei Abzügen in der Kostenerstattung reagieren die Versicherer nun besser: Eine nachvollziehbare Begründung gelang 2013 in zwei von drei Fällen, 2019 bereits bei drei von vier Kunden. Interessanter Effekt unter dem Strich: Schadenfälle mit Abzügen, die schnell reguliert und gut begründet werden, erzielen eine höhere Kundenzufriedenheit als vollständig, aber verzögert erstattete Schäden.
Treiber Nr. 3 Kommunikation: Mehrgleisig liegt im Trend
Was die Kommunikation angeht, setzen die meisten Versicherer mittlerweile auf eine Multikanal-Strategie, was ebenfalls zur Steigerung der Kundenzufriedenheit beiträgt, wie MSR Consulting bestätigt: Der Kunde möchte den Kanal bespielen, der für ihn in seiner Situation passend erscheint. Versicherer, denen es gelingt, ihren Kunden einen einfachen Zugang zu allen relevanten Kanälen zu ermöglichen, erzielen signifikante Zufriedenheitsgewinne und Vertriebserfolge. Kunden, die im Kern nur einen Kontaktweg zu ihrem Versicherer nutzen, zeichnen sich durch eine geringere Kundenbindung aus (NPS: 5; Abschlussquote: 11%). Demgegenüber weisen Kunden, die persönlichen, telefonischen und elektronischen Kontakt haben, einen NPS von 19 und eine Abschlussquote von 19% auf.