Kennzahlenbasierte Unternehmensführung im Agrarhandel

Ein kurzer Rückblick: Im Rahmen unseres letzten Artikels „Controlling mit System“ in der Ausgabe 12 / 2021 hatten wir uns mit der Bedeutung einer echten Erfolgsrechnung auf Abteilungsebene im Händlerbetrieb sowie deren praktischen Umsetzung beschäftigt. Eine wesentliche Erkenntnis hierbei war, dass Unternehmenssteuerung ohne ein Gerüst aus berechneten Informationen nicht mehr vorstellbar ist, denn Kennzahlen geben Auskunft darüber, wie etwas ist und zukünftig sein wird.

Im nächsten Schritt gilt es nun, für die einzelnen Abteilungen operative Kennzahlen zu definieren, um feststellen zu können, welche Faktoren positiv bzw. negativ auf das jeweilige Spartenergebnis einzahlen; denn nur so können – soweit erforderlich – entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Wichtig ist dem Zusammenhang auch, dass man sich auf die wichtigsten Kennzahlen fokussiert. Zu viele Zahlen machen auch viel Arbeit und tragen nicht unbedingt zur weiteren Erkenntnisgewinnung bei. Vor dem Hintergrund gilt auch hier das Motto: „Weniger ist mehr“.

Für ein besseres Verständnis von Kennzahlen und deren Nutzung greifen wir im Rahmen unserer Händlerprojekte häufig auf das nachfolgende Stufenmodell zur Kennzahlenanalyse zurück.

Vereinfacht ausgedrückt werden im ersten Schritt mit Hilfe aussagekräftiger Kennzahlen relevante Leistungspotenziale im Handelsbetrieb identifiziert, und zwar differenziert nach den einzelnen Unternehmensbereichen. In einem zweiten Schritt gilt es, die relevanten „Treiber“ zu identifizieren und zu analysieren. In der Praxis haben bestimmte Treiber wesentlichen Einfluss auf eine Kennzahl.

Sind diese Treiber erst einmal identifiziert und verursachungsgerecht zugeordnet, lassen sich entsprechende Verbesserungsmaßnahmen viel leichter ableiten.

Doch was sind nun die relevanten Kennzahlen je Bereich, die sich Führungskräfte mindestens auf Monatsbasis genauer anschauen und diskutieren sollten? Aufbauend auf unseren langjährigen Erfahrungen empfehlen wir, den Fokus auf die nachfolgenden Kenngrößen zu legen. 

1. Verkauf Neu- / Gebrauchtmaschinen

Im Verkauf wird idealerweise Augenmerk sowohl auf den aktuellen Maschinenbestand als auch auf die Marktbearbeitung gelegt. Hierdurch wird schnell offenkundig, ob z.B. Langsteher auf das Ergebnis drücken oder umgekehrt die Bevorratung mit Bestands-maschinen weiter ausgebaut werden sollte. Letzteres kann sich z.B. aus der Analyse des Verkaufstrichters ergeben.

Relevante Kenngrößen für den Maschinenbestand (neu wie gebraucht)

Bezogen auf die Marktbearbeitung empfiehlt es sich, folgende Kennzahlen regelmäßig zu analysieren:

Hierfür ist es erforderlich, folgende Informationen (Anzahl) regelmäßig durch das Verkaufsteam erheben zu lassen:

2. Werkstatt

Der Werkstatt kommt als personalintensivste Abteilung im Händlerbetrieb eine besondere Bedeutung bei einer kennzahlenbasierten Steuerung zu. Dies wird in der Regel durch den hohen Beitrag der Werkstatt zum Unternehmensergebnis unterstrichen. Von einer Vielzahl von Kennzahlen in diesem Bereich empfehlen wir den Fokus auf die nachfolgenden Informationen zu legen:

3. Teile & Zubehör

Interessanterweise beschleicht einen hin und wieder das Gefühl, dass der Teile- & Zubehör-Bereich eher ein „Schattendasein“ im gesamten Landmaschinenhandel führt. Doch der Schein trügt, denn ein professionell geführter T&Z-Bereich entscheidet u.a. über Kundenzufriedenheit und reibungslose Abläufe in der Werkstatt. Das schlägt sich wiederum in den Werkstattkennzahlen nieder. Vor diesem Hintergrund sollte ein genauerer Blick auf folgende Kenngrößen geworfen werden:

folgende Kenngrößen geworfen werden:

Die Bedeutung des gesamten After Sales-Bereiches (Werkstatt sowie Teile & Zubehör) für den Landmaschinenhandel lässt sich zudem sehr gut durch die sogenannte Service Absorption-Rate messen. Diese gibt an, zu wie viel Prozent die Erträge aus dem Ersatzteil- und Werkstattgeschäft die gesamten Fix- und Gemeinkosten eines Betriebs decken. Idealerweise ist die Service Absorption-Rate größer als 80% und unterstreicht damit die Bedeutung des After Sales-Bereiches in Verbindung mit einer regelmäßigen Analyse dieser Kennzahl. 

Die einzelnen Informationen und Kennzahlen, die sich in den einzelnen Händlersystemen befinden, sollten in einen übersichtlichen Report (z.B. auf Excel-Basis) übertragen werden (Auszug siehe Abb. 3); diese Vorgehensweise macht das Lesen und Analysieren der Kennzahlen deutlich einfacher. Diese Übersicht kann in einem zweiten Schritt ergänzt werden durch bestimme Zielwerte (z.B. pro Monat). So können Abweichungen leicht identifiziert werden. Stellenweise bieten einzelne Warenwirtschafts- und CRM-Systeme bereits entsprechende Kennzahlenreports.

Bei all dem darf eines nicht vernachlässigt werden: Operatives Kennzahlenwissen darf kein Hoheitswissen auf Geschäftsführungsebene darstellen. Es gilt vielmehr, diese Informationen relevanten MitarbeiterInnen proaktiv zur Verfügung zu stellen und Handlungsableitungen gemeinsam zu diskutieren. Erst dann entfaltet eine kennzahlenbasierte Unternehmensführung ihre ganze Stärke.