An welchen Touchpoints sollen wir denn jetzt arbeiten und wie machen wir das?

Jedes Erleben an Touchpoints mit Ihrem Unternehmen wirkt auf das Gesamterlebnis des Kunden und damit auf seine Kundenzufriedenheit und sein Verhalten. Doch wie schafft man ein konsistent gutes Kundenerlebnis? Wie kann man seine Aktivitäten dabei optimal fokussieren? Und was gilt es bei der Optimierung von Touchpoints zu beachten?

Kundenreisesicht schlägt die reine Touchpointbetrachtung

Ein erster Reflex bei der Beschäftigung mit Touchpoints besteht oft darin, erst einmal alle Touchpoints zu sammeln oder sich auf einen zu stürzen, bei dem gerade der Schuh drückt. Dies ist jedoch wenig zielgerichtet, wenn man nicht von möglichst konkreten Anliegen der Kunden ausgeht. Hier ergibt ein Perspektivwechsel Sinn. Man sollte sich zuerst Gedanken über die wesentlichen Kontexte machen, in denen die Kundenkontakte stattfinden.

Wir sprechen in diesem Fall von Kundenreisen (Customer Journeys). Dabei steht die Frage im Vordergrund, welches Anliegen (Job-to-be-done) für den Kunden erledigt werden soll. Ist sein Anliegen, das zu seinen Bedürfnissen passende Produkt zu finden und zu erwerben? Oder geht es um ein Serviceanliegen? Die Kontexte sind unterschiedlich und die Touchpoints, auf denen diese Anliegen optimal erfüllt werden können, wahrscheinlich auch. Es bleibt festzuhalten: der Touchpoint muss im Kontext der Kundenreise betrachtet werden.

Eine Customer Journey hat unterschiedliche Betrachtungsebenen

Wenn man sich näher mit Kundenreisen beschäftigt, merkt man, dass es mehr Customer Journeys gibt als man dachte. Auch hier gilt es, den Fokus zu wahren und sich zunächst auf die relevanten Kundenreisen zu fokussieren. Für die Priorisierung von Kundenreisen können Treibermodelle hinzugezogen werden, die aufzeigen welchen Hebel die Kundenreise auf die Verbesserung des gesamten Kundenerlebnisses hat. Solch ein Treibermodell für den Versicherungsmarkt liefert beispielsweise die KUBUS Studie. Wir nutzen dieses als eine Inputgröße, um im Rahmen eines systematischen Prozesses eine faktenbasierte Priorisierung vorzunehmen.

Die Treibermodellierung liefert eine wichtige Grundlage für die Priorisierung von Kundenreisen

Customer Journey Befragungen als Basis für die Ausarbeitung

Nach der Auswahl der Kundenreise geht es darum, diese besser zu verstehen. Dabei müssen zwei Sichtweisen zusammengebracht werden: die Kundensicht und die Unternehmenssicht. Für die Kundensicht kann zum Teil auf vorliegende Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Darüber hinaus ergibt es Sinn, Gespräche mit Kunden durchzuführen, in denen die Customer Journey mit allen genutzten und gewünschten Touchpoints exploriert wird. Leitfragen sind: „Was ist der Job-to-be-done? Und wie kann dieser optimal erfüllt werden?“. Diese Gespräche liefern konkrete Fallbeispiele und Zitate für die Arbeit mit den an der Kundenreise beteiligten Bereichen. Schöner Nebeneffekt: die Mitarbeiter der Fachbereiche können an den Gesprächen teilnehmen und erleben das Kundenfeedback live.

Verbindung von interner Sicht mit Kundensicht ist entscheidend

Im Rahmen von Customer Journey Workshops mit allen an der Kundenreise beteiligten Bereichen wird daraufhin die Kundensicht der internen Prozesssicht gegenübergestellt. Es werden die Touchpoints systematisch identifiziert und bewertet. Dabei spielen zwei Perspektiven eine Rolle: „Was will der Kunde erreichen?“ und „Welches Ziel hat das Unternehmen?“. Diese Ziele können konträr sein. Ein Beispiel: Ein Versicherer will Aufwand und Kosten senken. Der Kunde will nach einem Unfall schnell wieder mobil sein. Diesen scheinbaren Konflikt kann man mit einer Steuerung in eine Partnerwerkstatt, die einen kostenlosen Mietwagen für den Kunden anbietet, auflösen. Die Prozesse mit der Partnerwerkstatt laufen für den Versicherer aufwandsarm und die Reparatur erfolgt zu guten Konditionen.

Customer Guiding als Perspektive beim Customer Journey Redesign

Im vorgenannten Fall ist es nun wichtig, zu überlegen, über welche Touchpoints dieses Ergebnis am besten erzielt werden kann. Im Fall der Schadensteuerung möchte ich den Kunden lenken. Dazu gehört auch der „Verkauf“ der Serviceleistung. Und dies funktioniert am besten, wenn ich mit dem Kunden einen Dialog am Telefon führe.

Eine Priorisierung im Sinne des Customer Guiding kann auch anhand der Fähigkeiten meiner Organisation erfolgen. Wenn ich weiß, dass ich einen sehr guten telefonischen Kundenservice biete, mein Online-Portal aber leider noch in den Kinderschuhen steckt, muss ich versuchen, den Kunden auf den Kanal zu lenken, an dem ich ein gutes Kundenerlebnis erzeugen kann.

Während sich die grundsätzlichen Kundenreisen in Ihrer Bedeutung nicht so schnell verändern, muss bei der Priorisierung von Touchpoints auch die perspektivische Entwicklung berücksichtigt werden. Es gibt Touchpoints, die in einer Status Quo Betrachtung unwichtig sind, aber perspektivisch eine große Rolle spielen werden. Hier sind natürlich besonders die digitalen Touchpoints zu nennen.

Service-Levels definieren aus Kundensicht

Im Rahmen der Verbesserung der Performance am Touchpoint benötigt man eine klare Sicht auf die Kundenbedürfnisse. Neben den Erkenntnissen aus der qualitativen Untersuchung hilft hierbei eine Service-Level-Analyse. Im Rahmen einer Nachkontaktbefragung wird die Customer Journey mit einer Mischung aus Beurteilungs- und Faktenfragen abgebildet. In der Analyse kann man konkret ermitteln, welche Anforderungen die Kunden stellen. Man sieht, welche Hebel auf prozessualer und auf Verhaltensebene vorhanden sind. Aus der Gegenüberstellung von Faktenfragen und Beurteilungen kann konkret ermittelt werden, wie schnell ein Prozess sein muss und ab wann man überinvestieren würde. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund knapper Ressourcen extrem wichtig.

Die Kombination von Fakten- und Beurteilungsfragen ermöglicht die Definition von konkreten Service-Levels am Touchpoint

Maßnahmenableitung gemeinsam mit den Mitarbeitern

Jetzt geht es darum, in die konkrete Maßnahmenableitung einzusteigen. Wie gerade dargestellt, kann man im Wesentlichen an zwei Hebeln ansetzen: den Prozessen (schließt hier Systeme/Organisation ein) und dem Verhalten. Aus unserer Sicht ist es essenziell, die Mitarbeiter aus dem betroffenen Bereich in diesen Prozess einzubeziehen – insbesondere, wenn es um eine Veränderung von Verhalten am Touchpoint geht. Dies gilt aber auch, wenn neu definierte Prozesse konsequent angewendet werden sollen.

Gerade mit der Arbeit am Mitarbeiterverhalten kann das Kundenerlebnis relativ schnell verbessert werden. Verhaltensveränderungen sind oft notwendig, um uneinheitliche Erlebnisse der Kunden am Touchpoint zu verhindern. Obwohl von den Unternehmen nicht beabsichtigt, nutzen Mitarbeiter bestehende Grauzonen kreativ, sobald sie unsicher sind, wie sie sich kundenorientiert verhalten sollen. Solche uneinheitliche oder schlechte Kommunikation, ist eine wesentliche Ursache für negatives Kundenfeedback am Touchpoint. Durch die gemeinsame Identifikation dieser Grauzonen und die ebenfalls gemeinsame Erarbeitung einheitlicher Verhaltensregeln, schafft die Methode des Touchpoint Kompasses konsistent gute Kundenerlebnisse.

Inhalt der Methode ist die Erarbeitung von Situationen aus dem alltäglichen Arbeitsumfeld, bei denen die Mitarbeiter unsicher sind wie sie sich am kundenorientiertesten verhalten sollen. In einem Workshop werden zu solchen Situationen jeweils bis zu fünf Verhaltensoptionen definiert, zwischen denen die Mitarbeiter schwanken. Diese Situationen inklusive der Verhaltensoptionen werden im Nachgang online von den betroffenen Personen im Unternehmen bewertet. Sie bewerten zum einen, für wie kundenorientiert sie die Option halten. Zum anderen geben Sie an, welches Verhalten in der Praxis angewendet wird.

Die Ergebnisse werden in Workshops mit den Mitarbeitern diskutiert und es wird ein einheitliches Vorgehen in den einzelnen Situationen erarbeitet. Üblicherweise können bei dem Touchpoint Kompass in 80% der Situationen Arbeitsweisen definiert werden, bei denen die Mitarbeiter sich zukünftig klar kundenorientiert verhalten.

Die Touchpoint Kompass-Methode bieten Lösungen für Change-Themen

Im Praxiseinsatz führt die Methode zum Beispiel dazu, dass Mitarbeiter in erklärungsbedürftigen Situationen häufiger zum Telefon greifen. Dies sorgt für ein besseres Kundenverständnis und damit verbunden für eine höhere Zufriedenheit. Wir konnten sehen, dass solch eine Maßnahme sogar aufwandsneutral war, da sie zu einer Verringerung der Rückfragen und weniger Taktieren durch die Kunden führte.

Nicht zu vergessen: das Erfolgs-Controlling & wieder zurück vom Touchpoint zur Kundenreise

Wer nachhaltig gute Kundenerlebnisse bieten möchte, kommt um eine Messung der Performance im Kundenkontakt nicht herum. Es gibt sicherlich interne Messgrößen wie z.B. Beschwerdequoten, die eine Indikation liefern. Ein Feedbacksystem, das ein differenzierteres Bild liefert und immer wieder Impulse in die Organisation gibt, ersetzen solche internen Größen jedoch nicht.

Wie solch ein Feedbacksystem aufgebaut werden sollte, ist nicht Inhalt dieses Artikels. Wichtig ist jedoch, dass die operativen Einheiten im Unternehmen das Feedback direkt erhalten und lernen, mit diesem zu arbeiten. Dazu gehört, konkrete und messbare Ziele für Maßnahmen am Touchpoint zu definieren oder auch Tests durchführen und bewerten zu können. Denn nur so kann die Organisation permanent systematisch lernen und auch auf neue Anforderungen der Kunden flexibel reagieren.

An dieser Stelle muss auch spätestens wieder der Transfer von der Sicht auf den Touchpoint zur Sicht auf die Kundenreise erfolgen. Einerseits geht es permanent darum, die Schnittstellen richtig zu managen. Andererseits müssen die Auswirkungen von Veränderungen an anderen Punkten der Customer Journey auch im Management des einzelnen Touchpoints berücksichtigt werden.

Zusammenfassung

Nochmal zusammenfassend: Das Vorgehensmodell setzt sich aus sieben Punkten zusammen:

  1. Fokus: Identifikation relevanter Kundenreisen und Touchpoints
  2. Generelles Verständnis von Kundenbedürfnissen am Touchpoint im Kontext der Kundenreise
  3. Customer Journey Workshops (Kundensicht vs. Unternehmenssicht)
  4. Customer Guiding als strategische Leitplanke
  5. Konkrete Service-Levels aus Kundensicht
  6. Maßnahmenableitung gemeinsam mit Mitarbeitern
  7. Konsequentes Erfolgs-Controlling inkl. Kundenreisesicht

Unternehmen, die einen solch systematischen Ansatz verfolgen verbessern sich beim Thema Kundenorientierung deutlich schneller als ihre Wettbewerber.