Der digitale Wandel im Landmaschinenhandel: Chancen erkennen und nutzen

Die gegenwärtige Situation – der Handel hält sich noch zurück.

Der Landmaschinenhandel ist eine Branche, die traditionell stark von Bodenständigkeit und persönlichen Beziehungen geprägt ist. Doch trotz des hohen Technisierungsgrades der Produkte hat sich der Handel bisher eher zögerlich in Richtung Digitalisierung weiter-entwickelt. Dabei bieten gerade diese neuen Technologien zahlreiche Chancen, das Tagesgeschäft und die operativen Prozesse zu optimieren und dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.

Ansatzpunkte im After Sales

Eine der naheliegendsten Möglichkeiten, das Tagesgeschäft zu unterstützen, ist die Nutzung digitaler Medien und Tools im After Sales-Bereich. So bietet es sich z.B. an, die manuelle Werkstattplanung mit dem klassischen Terminbuch durch eine digitale, interaktive Lösung zu ersetzen.

Der verantwortliche Werkstattleiter kann sich so u.a. einen umfassenden Überblick über die Arbeitslast an einzelnen Tagen verschaffen. Einfaches Eingreifen und Nachjustieren wird möglich und der Arbeitsfortschritt kann kontinuierlich überwacht werden. Im Ergebnis wird die Auslastung der wertvollen Werkstattressourcen optimiert und damit die Produktivität gesteigert. Eine professionelle Lösung bietet u.a. folgende Funktionalitäten an:

In dem Zusammenhang gewinnen auch sogenannte Service-Apps für die Werkstatteams immer mehr an Bedeutung. Mit deren Hilfe wird der normale Servicealltag in der Werkstatt mit dem Warenwirtschaftssystem und idealerweise dem bereits vorgestellten digitalen Terminplaner des Händlers vernetzt. Folgende Tätigkeiten können mit einer solchen App u.a. durchgeführt werden:

Darüber hinaus können dem einzelnen Mechaniker hilfreiche Informationen zur Maschinenhistorie, sowie weitere unterstützende Tools, wie z.B. Checklisten zur Verfügung gestellt werden. Wesentliche Vorteile sind dabei die Reduzierung der Zeit für die administrative Arbeit im Werkstattgeschäft, als auch die Genauigkeit bei der Erfassung und Dokumentation. Im Endergebnis können Produktivität und Effizienz des gesamten After Sales-Bereiches entsprechend gesteigert werden. Dies wirkt sich auch auf eine höhere Kundenzufriedenheit aus, da z.B. Abläufe für den Kunden einfacher werden.

Ansatzpunkte im Vertrieb

Da der Vertrieb von Landmaschinen größtenteils über den Außendienst beim Kunden vor Ort erfolgt, ist der Erfolg bzw. Misserfolg der Vertriebsaktivitäten im besonderen Maße von der Effizienz der Außendienstaktivitäten abhängig. Bei der Besuchsplanung wird i.d.R. aber bisher viel zu selten auf eine intelligente Planungssoftware zurückgegriffen – vielmehr erfolgt die Planung auf Basis der persönlichen Einschätzung des Verkäufers, häufig auch zufalls-gesteuert. Nicht zuletzt aufgrund dieser Situation lässt sich belegen, dass vielerorts Markt- und Kundenpotenziale nicht in vollem Umfang ausgeschöpft werden.

Vor diesem Hintergrund liegt in einer professionellen, toolgestützten Besuchsplanung echtes Potenzial. Professionelle Tools unterstützen den Außendienst in der täglichen Vertriebsarbeit dabei vor allem in den folgenden Bereichen:

Unterstützende Applikationen für Smartphones erleichtern den Vertrieblern dabei u.a. die Eingabe relevanter Daten und steigern die Akzeptanz im Team. Die Geschäfts- bzw. Vertriebsleitung erhält wiederum jederzeit ein „Live“-Bild der aktuellen Aktivitäten des Vertriebsteams. Die im Tool erfassten Informationen, etwa die Anzahl der Besuche in einem bestimmten Zeitraum oder auch der Status Quo der Lead-Bearbeitung, sind zudem transparent und können als ein essenzieller Bestandteil im Rahmen einer Verkäuferbesprechung genutzt werden.

Zudem sollten auch weitere innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) oder Voice-Bots nicht ganz außer Acht gelassen werden. Insbesondere bei der Annahme von Telefonaten im Händlerbetrieb – als der nach wie vor führende Kommunikationskanal – kann dies die Arbeitsprozesse positiv optimieren, als auch die Servicequalität deutlich erhöhen.

Fazit

Insgesamt bietet die Digitalisierung des Landmaschinenhandels zahlreiche Chancen, die es zu erkennen und zu nutzen gilt. Wer die vorhandenen Möglichkeiten konsequent nutzt, kann nicht nur seine operativen Prozesse optimieren, sondern auch die Kundenzufriedenheit steigern und langfristige Wettbewerbsvorteile erlangen. Bei allen Vorteilen darf man allerdings nicht vergessen, dass es im Rahmen der Einführung neuer Systeme und Tools gilt, die relevanten MitarbeiterInnen – vereinfacht ausgedrückt – mitzunehmen. So wird z.B. die alleinige Anschaffung einer Service-App nicht zum gewünschten Erfolg führen, wenn das Team bei der Einführung nicht entsprechend geschult und trainiert wird. Ebenso sind entsprechende technische Rahmenbedingungen bezogen auf Hard- und Software zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollten neue Technologien am besten im Rahmen eines Pilotprojektes an kleineren Filialstandorten getestet werden, bevor man zum großen „Rundumschlag“ ausholt.

Grundsätzlich bleibt aber festzuhalten, dass es an der Zeit ist, auch auf Handelsebene den nächsten Schritt in die digitale Zukunft zu wagen und das volle Potenzial der neuen Technologien auszuschöpfen – auch oder gerade vor dem Hintergrund des hohen Technisierungsgrad innerhalb der Branche.

Dieser Artikel ist erschienen in der Agrartechnik Ausgabe 05/2024

Das Wesentliche kurz gefasst: Tipps vom Experten

  1. Grundsätzlich darf man eine gewisse Technologieoffenheit mitbringen und nicht nach dem Motto verfahren „Das haben wir schon immer so gemacht!“ – denn die Vorteile digitaler Lösungen liegen auf der Hand und das Potenzial gilt es gezielt auszuschöpfen.
  2. Wie bei jedem gut geplanten Beginn eines Vorhabens, ist es ratsam, sich zunächst darüber im Klaren zu sein, welches konkrete Ziel mit einer Digitalisierung erreicht werden soll. Hier gilt es nicht nur festzulegen, dass ein bestimmter Prozess oder Bereich digitalisiert werden soll, sondern viel mehr zu ermitteln, auf welches Unternehmensziel eine Digitalisierung einzahlen soll.
  3. Unabhängig davon, welche neuen Systeme und Tools man einführen möchte – relevante MitarbeiterInnen, die mit diesen Lösungen zukünftig arbeiten sollen, sind entsprechend abzuholen und zu schulen. Erfolgt dies nicht, spart man an der falschen Stelle und der Misserfolg ist vorprogrammiert.