Erfolgreich Messen - Werkstatt-Controlling im Agrarhandel

Stand im Rahmen des letzten Artikels „Erfolg(reich) Planen“ die Werkstattplanung im Mittelpunkt, widmet sich der vorliegende Artikel dem Messen dessen, was geplant und umgesetzt wurde – dies am besten auch mit System. Das reine Bauchgefühl nach dem Motto „Der Laden ist bis hinten gegen voll!“ reicht vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Werkstatt heute einfach nicht mehr aus.

Dies ist im Landtechnikhandel umso mehr von Bedeutung, als dass die grundsätzlich positive Einstellung, jedem Kunden schnell und kompetent zu helfen, häufig dazu führt, dass in der Hitze des Gefechts nicht selten vergessen wird, produktive Zeiten vollständig zu erfassen.

Grundlegende Basis für ein professionelles Controlling bildet dabei eine adäquate Zeiterfassung in der Werkstatt und auch hier gilt analog zur Werkstattplanung: Je mehr System im Unternehmen vorhanden ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, aussagekräftige Zahlen zu erhalten. Auch wenn aller Anfang schwer ist: Es empfiehlt sich, von handschriftlichen Stundenzettel / -büchern bzw. Stempelkarten Abstand zu nehmen und auf eine elektronische Zeiterfassung umzusatteln. Die Vorteile liegen auf der Hand:

Einfache und praktische Zeiterfassung per Scanner

Grundsätzlich bietet jedes moderne Warenwirtschaftssystem ein Modul zur Zeiterfassung an. Zu unterscheiden ist hier die Art des An- und Abstempelns auf Aufträgen: Dies kann zum einen mittels Tastatur direkt im System erfolgen. Viel einfacher und praktischer gelingt es jedoch mit einem Barcode-System. In diesem Fall wird jedem Werkstattauftrag ein eindeutiger Barcode zugeordnet. In der Werkstatt erfassen MitarbeiterInnen dann mittels Scanner ihre Arbeitszeit minutengenau auf dem jeweiligen Kundenauftrag. Darüber hinaus bietet dieses System zusätzlich den Vorteil, auch die verbauten Ersatzteile schnell und unkompliziert dem einzelnen Auftrag zuzuordnen. Die Arbeitszeiten werden direkt im Auftrag angezeigt und ermöglichen darüber hinaus eine exakte Nachkalkulation.

Die Nutzung eines solchen Scanners bedarf sicherlich einer gewissen Umstellung der Arbeitsabläufe. Vor allem die Disziplin beim Scannen zu Beginn, bei Unterbrechung sowie bei Fertigstellung des Auftrags spielt dabei eine tragende Rolle. Mit entsprechender Einweisung und Begleitung während der Einführungsphase und wachsender Routine im Tagesgeschäft stellen sich die oben beschriebenen Vorteile i.d.R. zügig ein. Auch die Akzeptanz der MitarbeiterInnen aufgrund der einfachen Zeiterfassung ist schnell hergestellt.

Eine weitere Ausbaustufe stellt die Nutzung von mobilen Anwendungen dar. Diese kommen insbesondere den Servicetechnikern zugute, die hauptsächlich beim Kunden vor Ort tätig sind und damit in die Lage versetzt werden, sowohl Aufträge zu erstellen als auch ihre Zeiten schnell und einfach erfassen zu können.

Mit der richtigen Analyse zur konkreten Optimierung

Nach Klärung dieser grundlegenden infrastrukturellen Rahmenbedingungen stellt sich die Frage, wie die erfassten Zeiten analysiert werden sollen. Welche Kennzahlen sind relevant, um die Aussage „Der Laden ist bis hinten gegen voll!“ zu relativieren und mehr Tiefgang zu geben. Hier hat sich das „Werkstatt-Dreieck“ (siehe Abb. 1) etabliert, dass sich aus Auslastung, Produktivität und Effizienz zusammensetzt. Damit können wichtige Prozesse geprüft und überwacht sowie entsprechende Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet werden.

Vereinfacht ausgedrückt beantworten diese 3 Kennzahlen folgende Fragen:

In diesem Zusammenhang seien folgende Punkte erwähnt, die mehr oder minder den kompletten Werkstattprozess abbilden und damit auch merklichen Einfluss auf die oben aufgeführten Werkstattkennzahlen haben:

Mit sinnvollen Verrechnungssätzen zu transparenten und wirtschaftlichen Abrechnungen

Einen weiteren – nicht unwesentlichen – Einfluss hat auch die Gestaltung des Stundenverrechnungssatzes: Hier sollte grundsätzlich mit differenzierten Stundensätzen gearbeitet werden, z.B. differenziert nach Meister-, Gesellen- und Azubi-Stunde (die durchaus ab dem 3. Lehrjahr bei entsprechender Qualifizierung fakturiert werden können). Diese Werte sollten darüber hinaus durch den Meister mit entsprechenden Zu- und Abschlägen, etwa bei Wochenendarbeit oder bestimmten Standardarbeiten, wie zum Beispiel Inspektionen, gehandhabt werden. Auch sollte die konsequente Berechnung von Servicefahrten zum und vom Kunden offen kommuniziert und in Rechnung gestellt werden. Generell kommt es aber auch darauf an, in Abhängigkeit von der Art der Arbeit auch eine Differenzierung sowie eine gewisse Flexibilität vorzunehmen, die Kunden und Werkstatt gerecht wird.

In Summe schlägt sich dies in einer weiteren wichtigen Kennzahl nieder, nämlich dem tatsächlich realisierten Stundenverrechnungssatz, also dem Durchschnitt aller Lohnerlöse in Relation zu den geleisteten Stunden. Denn nur weil ein entsprechender Stundenverrechnungssatz in Richtung Kunde kommuniziert wird, bedeutet dies nicht automatisch, dass dieser auch erreicht wird. Hier ist insbesondere im Landtechnikhandel recht häufig zu beobachten, dass, stellenweise grundlos, gewisse erbrachte Werkstattleistungen dem Kunden nicht in Rechnung gestellt werden bzw. diese aufgrund einer wenig professionellen Erfassung von Zeiten und Tätigkeiten auch einfach unter den Tisch fallen.

Hinsichtlich der mit Augenmaß, aber doch konsequenten Verrechnung erbrachter Leistung sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die Kosten einer Landtechnikwerkstatt grundlegend von denen einer Autowerkstatt unterscheiden. Dies liegt vor allem an

Jeder Kunde ist daran interessiert, sein Maschinenkapital zu bewahren, um seine Produktionsmittel bestmöglich nutzen zu können. Der Inhaber einer Landtechnikwerkstatt muss umgekehrt dem Technologiefortschritt folgen und zu diesem Zweck Investitionen und Fortbildung für seine MitarbeiterInnen finanzieren. Diese Argumentation wird sicherlich nicht jede Rechnungsdiskussion beseitigen, sollte aber zumindest das Bewusstsein auf Kundenseite schärfen.

Fazit

Wichtig bei der gesamten Zahlenerhebung und -analytik ist es, alle relevanten MitarbeiterInnen von diesem Thema von Anfang an zu überzeugen. Dies bedeutet, dass man ihnen u.a. pragmatisch erläutert, warum die Zeiterfassung für den Gesamtbetrieb so wichtig ist, wie sich die einzelnen Kennzahlen zusammensetzen und was sie konkret bedeuten. Darüber hinaus hilft es, die Ergebnisse monatlich gemeinsam zu besprechen. Dabei sollte die Besprechung konstruktiv und auf Augenhöhe stattfinden. Es gilt, gemeinsam Fehlerquellen zu identifizieren und Optimierungen zu erarbeiten. Damit kann auf beiden Seiten die Kompetenz im Umgang mit Zeiterfassungssystemen, aber auch mit den zugehörigen Kennzahlen gesteigert werden.

Dieser Artikel wurde in der AGRARTECHNIK 05/2021 publiziert.