Vom Verkäufer zum Berater

Kundenansprache auf Augenhöhe ist entscheidend für den Verkaufserfolg

Kunden wollen im Verkaufsgespräch auf Augenhöhe behandelt und ohne offensichtlichen Vertriebsdruck beraten werden. So banal das klingt, so schwierig ist es in der Umsetzung, wie das Beratungsunternehmen MSR Consulting im Rahmen einer Marktforschung in den Branchen Automotive und Finanzdienstleistung herausfand.

Viele Vertriebler verstehen sich traditionell als Verkäufer und versuchen, den Kunden von Anfang an für ihre Produkte zu gewinnen. Dahingegen wollen Kunden zunächst eine weitge­hend objektive Beratung, in der der Berater den individuellen In­ formationsstand des Kunden be­rücksichtigt und bei der weiteren Orientierung behilflich ist. „Ich will erst einmal verstehen, bevor ich kaufe!“, formulierte es einer der Befragten.

Kontinuierliche Veränderung des Informationsverhaltens

Noch vor wenigen Jahren hat­ten Verkäufer in vielen Branchen häufig exklusives Fachwissen und alleinigen Zugang zu den Produkten. Entsprechend erwar­teten die meisten Kunden eine klare Führung des Verkäufers durch das Gespräch und eindeu­tige aufempfehlungen. Doch dies gilt heute nur noch für weni­ge Kunden und Produkte – viele Kunden sind vielmehr zu aufge­klärten Verbrauchern geworden. Sie informieren sich selbst über Produkte, kennen die Möglich­keiten der Individualisierung (man denke z. B. an die Pkw­Kon­figuratoren auf den Websites der Hersteller) und wissen zudem, dass sie viele Produkte einfach im Internet erwerben können.

Eine MSR ­Langzeitstudie im Be­reich Automotive zeigt beispiel­haft: Autokäufer informierten sich 2013 deutlich umfassender als noch 2010 und nutzten dabei alle Informationsquellen, die ihnen zur Verfügung standen. Erwartungsgemäß spielt das In­ternet dabei eine zentrale Rolle, denn der Anteil Kunden mit In­formationen aus dem Netz ist von einem Drittel auf zwei Drittel gestiegen. Doch auch andere In­formationsmedien wie Prospekte und Werbung spielen nach wie vor eine Rolle.

„Ich habe mich informiert, und jetzt?“ – Neue Anforderungen an den Vertrieb

Die unverbindliche Information ist für viele Kunden der erste Schritt – mit diesen Vorinforma­tionen im Gepäck gehen poten­zielle Käufer dann zur Beratung ins Autohaus.

Die schlechte Nachricht für den Vertrieb: Die Kunden erwarten vom Verkaufsberater, dass er die zunehmende Komplexität der Produktwelt beherrscht und in der Beratung einen Mehrwert ge­genüber dem Internet liefert. Die gute Nachricht: Rund 80 Prozent der Käufer suchen trotz Internet weiterhin eine Beratung, weil sie eine fundierte Meinung eines Fachmanns einholen wollen, die ihnen hilft, die Flut an Informa­tionen zu bewerten.

Damit ändern sich die Anforde­rungen an den Berater: An ers­ter Stelle steht die Hilfe bei der Orientierung: Was ist dem Kun­den wirklich wichtig? Was hat er bei seinem bisherigen Auto lieb gewonnen? Worauf kann er verzichten? Eine Einbeziehung der bisherigen Überlegungen des Kunden sowie eine Bera­tung auf Augenhöhe sind somit unerlässlich.

Beratung als Bewährungsprobe, aber auch als Auftakt für eine vertrauensvolle Kundenbeziehung

Keine Frage: Die Kundenan­sprüche steigen. Der Berater soll fachkompetent sein und zugleich den Kunden ernst neh­men. Die MSR­Studien zeigen: In vielen Autohäusern wird die Beratung diesen Anforderungen noch nicht gerecht.

Gute Berater können sich hier also positiv absetzen, denn viele ältere wie jüngere Kunden wollen nach wie vor einen vertrauens­würdigen Berater, bei dem sie ihr Auto kaufen. Ist das Vertrauen erarbeitet, so bestehen sehr gute Aussichten auf vertrieblichen Er­folg und Folgegeschäft. Vom Ver­käufer zum Berater: Der Beruf hat nicht ausgedient, sondern spielt – unter veränderten Rah­menbedingungen – weiter eine bedeutende Rolle.